Wieviele Musliminnen und Muslime leben in der Schweiz?

Ende 2018 lebten laut des Bundesamtes für Statistik 371’680 Musliminnen und Muslime in der Schweiz, dies entspricht einem Anteil von 5,3% der ständigen Wohnbevölkerung. Die Erhebungen erfassen Personen ab 15 Jahren, die einen Wohnsitz in der Schweiz haben und in einem Privathaushalt leben. Hochrechnungen gehen davon aus, dass eine zusätzliche Anzahl von ca. 110’000 Musliminnen und Muslimen im Alter von 0 bis 14 Jahren in der Schweiz leben (Schmid, Schneuwly Purdie, Lang & Tunger-Zanetti, 2018), so dass eine Gesamtzahl von ca. 480’000 Personen erreicht wird.

Im Zuge der oben beschriebenen Einwanderungswellen durch Gastarbeiteranwerbung, Familiennachzug und die Aufnahme von Flüchtlingen ist die Zahl der in der Schweiz lebenden Musliminnen und Muslime zwischen 1970 und 2000 stark angestiegen (siehe Tabelle 1 und Grafik 1). Ihr Anteil an der ständigen Wohnbevölkerung betrug im Jahre 1970 lediglich 0,2% (11’078 Personen) und stieg bis zum Jahre 1980 um das Dreifache auf 0,7% (34’476 Personen) an. Seit dem Jahr 2000 nehmen diese Anstiegsraten jedoch wieder ab. Der prozentuale Anteil an der Gesamtbevölkerung beträgt in den Jahren 2000 3,6%, 2010 4,8% und im Jahre 2018 5,2%.

Anteil der Musliminnen und Muslime an der Gesamtbevölkerung

Jahr Gesamtbevölkerung  Anzahl Muslime/innen %-Anteil
1970 4’575’416 11’078 0,2%
1980 4’950’821 34’476 0,7%
1990 5’495’018 86’898 1,6%
2000 5’868’572 210’580 3,6%
2010 6’519’253 315’923 4,8%
2018 7’084’068 371’680 5,2%

Quelle: Bundesamt für Statistik, Neuenburg, SE 2016-2018.

1. Datengrundlage

Für unsere Darstellung der soziodemographischen Daten zu Musliminnen und Muslimen in der Schweiz stützten wir uns auf Daten, die das Bundesamt für Statistik in Neuenburg öffentlich publiziert oder uns freundlicherweise zur Nutzung für die Redaktion dieser Webseite zur Verfügung gestellt hat. Unseren Auswertungen und Analysen liegen dabei unterschiedliche Erhebungen und Datenquellen zu Grunde:

  1. Zur Darstellung einzelner Daten wie beispielsweise der Anzahl an Musliminnen und Muslimen in den Kantonen legen wir die Strukturerhebung (SE) des Bundesamts für Statistik aus dem Jahre 2018 zugrunde. Zur Analyse der Entwicklung von Daten nutzen wir zudem bisweilen Daten aus den Strukturerhebungen 2014 und 2010. Die Strukturerhebung wird jährlich mit einer repräsentativen Stichprobe von 200‘000 Personen durchgeführt. Erfasst werden Personen der ständigen Wohnbevölkerung ab 15 Jahren, die in einem Privathaushalt leben. Die Verwendung dieser Datenquellen ist unter den jeweiligen Textteilen, Tabellen und Grafiken mit SE 2010, 2014 und 2018 angegeben.
  2. Damit die Anzahl der Teilnehmenden ausreichend und die Stichprobe statistisch aussagekräftig ist, wurden zur Untersuchung spezifischerer Merkmale teils über 3 Jahre kumulierte Ergebnisse der Strukturerhebungen verwendet. In diesem Fall haben wir uns auf die von 2016-2018 erhobenen Daten gestützt und es unter den jeweiligen Textteilen, Tabellen und Grafiken mit SE 2016-2018 angegeben.
  3. Voneinander abweichende Zahlen sind auf die notwendige Verwendung dieser unterschiedlichen Datengrundlagen (kumulierte und nicht kumulierte Ergebnisse der Strukturerhebungen) zurück zu führen (siehe 1 und 2).
  4. Trotz der Verwendung kumulierter Daten ist der Stichprobenumfang (n) nicht immer gross genug, um statistisch verlässliche Aussagen zu machen und Erklärungen abzuleiten. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn verschiedene soziodemographische Daten gekreuzt werden (z.B. Alter, Bildungnsniveau, Nationalität). In unseren Analysen betrifft dies zudem vor allem auf das Tessin bezogene Daten. In unseren Darstellungen werden Daten zum Tessin folglich teils nicht genutzt oder die hieraus abgeleiteten Beschreibungen in Form von groben Schätzungen formuliert.
  5. Personen mit Schweizer und einer weiteren Staatsbürgerschaft werden vom Bundesamt für Statistik und folglich auch in unseren Erläuterungen nicht doppelt aufgeführt, sondern ausschliesslich in der Gruppe der Personen mit Schweizer Staatsbürgerschaft gezählt.
  6. Vereinzelt werden Ergebnisse der Statistik der Bevölkerung und der Haushalte (angegeben als STATPOP) verwendet, diese basiert auf einer jährlichen Registererhebung (Personenregister des Bundes, der Kantone und Gemeinden sowie Bundesregister der Gebäude und Wohnungen) und erfasst Personen der ständigen und nicht ständigen Wohnbevölkerung über 15 Jahre.
  7. Erwähnung findet an einer Stelle die Erhebung Sprache, Kultur und Religion (ESKR) 2014 des Bundesamts für Statistik. Basierend auf einer Stichprobe von 10‘000 Personen wird diese Erhebung seit 2014 alle 5 Jahre durchgeführt. Sie umfasst Personen der ständigen Wohnbevölkerung ab 15 Jahren, die in Privathaushalten leben.

2. Zum Begriff Musliminnen/Muslime

In unseren Darstellungen der soziodemographischen Daten zu Musliminnen und Muslimen in der Schweiz verstehen wir unter Musliminnen und Muslimen diejenigen Personen, die in den Personenfragebögen der Strukturerhebungen 2010, 2014, 2016, 2017 und 2018 auf die Frage «Welcher Kirche oder Religionsgemeinschaft gehören Sie an?» mit «muslimische» geantwortet haben. Die Antwort auf diese Frage erlaubt jedoch keine Rückschlüsse auf den Grad der Religiosität der Befragten. Die erhobenen Daten umfassen sowohl Personen, die beispielsweise in eine muslimische Familie hineingeboren wurden, jedoch weder gläubig sind noch praktiziert (für die die Religionszugehörigkeit aber weiterhin wichtig ist), als auch solche, die sich nach besten Kräften bemühen, nach den Vorschriften ihrer Religion, wie z.B. Gebet, Fasten oder Ernährung, zu leben.

3. Definition der Sprachregionen

 Für unsere Analysen verwenden wir zwei unterschiedliche Definitionen der Sprachregionen. Grundsätzlich legen wir eine Bestimmung der Sprachregionen zugrunde, die auf einer Zuordnung der Kantone in ihrer Gesamtheit beruht, d.h. einzelne Kantone wie z.B. Fribourg oder das Wallis werden nicht teils zur Romandie und teils zur deutschsprachigen Schweiz gezählt, sondern gehören aufgrund ihrer französischsprachigen Mehrheit zu ersterer. Diese Einteilung entspricht einer gängigen Unterscheidung, wie sie auch in den Medien reproduziert wird, beispielsweise in der Darstellung von Wahlergebnissen. Wir begründen sie jedoch vor allem damit, dass die im Weiteren auf unserer Homepage dargestellten Fragen der Religionszugehörigkeit und -Verwaltung kantonalen Regelungen (Art. 72 BV) unterliegen und von ihnen geprägt werden. Für die Darstellung islamischer Praktiken und Einrichtungen unter deutschsprachigen Muslimen im Kanton Fribourg ist es beispielsweise entscheidender, dass sie sich im Kanton Fribourg befinden und den dortigen rechtlichen Bestimmungen unterworfen sind als dass sie zur deutschsprachigen Sprachgemeinschaft gehören.

Die vom Bundesamt für Statistik veröffentlichten Daten legen hingegen eine Definition von Sprachregionen zugrunde, die auf der Zuordnung einzelner Kommunen beruht, so dass beispielsweise die Gemeinden des Wallis teils zur Deutschschweiz und teils zur Romandie gehören, während einige Berner Kommunen zur Romandie zählen. Wo uns keine anderen Daten zur Interpretation vorliegen, verwenden wir diese Definition der Sprachregionen, die jedoch nicht grundlegend von jenen nach oben beschriebener Bestimmung abweicht.

Wir bezeichnen als
italienischsprachige Schweiz: Tessin
französischsprachige Schweiz: Genf, Waadt, Wallis, Jura, Neuenburg, Fribourg
deutschsprachige Schweiz: alle übrigen Kantone

4. Definition der Herkunftsregionen

In unseren Darstellungen fassen wir jeweils unterschiedliche Länder zu übergeordneten geographischen Regionen zusammen. Wenn in unseren Texten von Nationalitäten die Rede ist, so wird nicht nach einzelnen Staatsangehörigkeiten unterschieden, sondern nach Gruppen von Staatsangehörigkeiten, z.B. „Muslime mit Nationalität eines Balkanstaates“. Zu den von uns berücksichtigten Herkunftsregionen zählen wir jeweils folgende Länder:

  1. Schweiz
  2. Maghreb: Tunesien, Algerien, Marokko, Libyen
  3. Naher Osten: Ägypten, Libanon, Syrien, Israel-Palästina, Irak, Golfländer (-> Saudi-Arabien, Kuwait, Oman, Katar, Bahrain, Vereinigten Arabische Emirate), Jemen, Jordanien
  4. Zentral- und Südasien: Iran, Afghanistan, Indien, Pakistan, Indonesien, Tadschikistan, Usbekistan, Russland, Bangladesch, Sri Lanka
  5. Balkanländer: Bosnien-Herzegowina, Albanien, Serbien, Mazedonien, Montenegro, Kosovo
  6. Türkei
  7. subsaharisches Afrika
  8. Muslime/innen aus EU- und EFTA-Ländern
Bibliografie
Literatur
Zur Vertiefung
Literatur
Links
Podcast

Ricarda Stegmann et Mallory Schneuwly Purdie

Ricarda Stegmann ist Lektorin und Oberassistentin im Bereich Religionswissenschaft an der Philosophischen Fakultät der Universität Fribourg. Sie hat an der Ruprecht-Karls Universität Heidelberg zur Großen Moschee von Paris promoviert und forscht aktuell zu Sufi-Lehren des 20. Und 21. Jahrhunderts in Europa.

Mallory Schneuwly Purdie ist Oberassistentin und Lehrbeauftragte am Schweizerischen Zentrum für Islam und Gesellschaft der Universität Freiburg. Sie ist Doktorin in Religionswissenschaft und Religionssoziologie. Ihre jüngsten Forschungsarbeiten befassen sich mit der Entwicklung der muslimischen Seelsorge im europäischen Kontext, mit Fragen zu Gender und Islam sowie mit den schiitischen Gemeinschaften in der Schweiz.

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