Musliminnen und Muslime mit Schweizer Staatsbürgerschaft
Die häufigste Nationalität unter Musliminnen und Muslimen in der Schweiz ist die schweizerische (2016-2018: ca. 35,7%). Zwischen 2000 und 2010 steigt der Anteil der Schweizerinnen und Schweizer unter den Musliminnen und Muslimen sprunghaft von 12,5% auf 32,5% an, seither stabilisiert sich diese Rate langsam. Die Entwicklung erklärt sich durch den relativ langen Zeitraum von 12 Jahren (seit dem erleichterten Einbürgerungsgesetz vom 01.01.2018: von 10 Jahren), innerhalb dessen eine Person in der Schweiz gelebt haben muss, um den Anspruch auf die Schweizer Nationalität zu erwirken. So verläuft der hohe Anstieg der Einbürgerungen zwischen 2000 und 2010 parallel zu jener Phase, in der besonders viele Migrantinnen und Migranten die Voraussetzungen hierfür erreichen. Dies betrifft vor allem die zahlreichen Kriegsflüchtlinge, die in den 1990er Jahren aus den Balkanländern in die Schweiz kamen und in den Deutschschweizer Kantonen vermehrt aufgenommen wurden (vgl. Iseni et al., 2014, S. 36).
Einbürgerungsraten – Das Ende des Röstigrabens
Bis vor wenigen Jahren war ein deutlicher Unterschied zwischen der Zahl der Einbürgerungen in der Romandie und der Deutschschweiz feststellbar. So lag die Rate der Schweizer Musliminnen und Muslime im Jahre 2000 in der französischen Schweiz mit 18,7% fast doppelt so hoch wie in den Deutschschweizer Kantonen (9,8%) (vgl. Gianni et al., 2010, S. 20). Diese Abweichung kann damit erklärt werden, dass in der Romandie viele Personen aus den Maghrebstaaten leben, die sich schon in den 1970er und 1980er Jahren in der Schweiz niederliessen und folglich um die Jahrhundertwende bereits eingebürgert waren (vgl. Fibbi et al., 2014, S. 57). Im Jahrzehnt der 2000er Jahre sorgt eine steigende Zahl an Einbürgerungen von Personen aus den Balkanstaaten für eine Verringerung der regionalen Unterschiede: Weil in der Deutschschweiz anteilsmässig mehr Personen aus der Balkanregion leben als in der Romandie, nähern sich die Einbürgerungsraten nun jenen in der Romandie an. Die Zahl der Schweizer Musliminnen und Muslimen fällt in den Jahren 2016-2018 in der Deutschschweiz mit 34% jedoch immer noch etwas tiefer aus als in der französischsprachigen Schweiz. Im Tessin liegt der Anteil von Schweizer Musliminnen und Muslimen sehr wahrscheinlich zwischen diesen beiden Zahlen, die Datengrundlage lässt jedoch keine verlässlichen Aussagen zu.
Konvertitinnen und Konvertiten
Schliesslich muss bedacht werden, dass sich in der Gruppe von Schweizer Musliminnen und Muslimen auch Personen befinden, die von einer anderen oder gar keiner Religion zum Islam konvertiert sind. Hier liegen nur grobe Schätzungen vor, vermutet wird ein Anteil von ca. 9.000-12.000 Konvertitinnen und Konvertiten.
Weitere Nationalitäten als Spiegel der Migrationsgeschichte
Ein Grossteil der Musliminnen und Muslime in der Schweiz sind noch immer ausländischer Nationalität: 64,3% von ihnen sind keine Schweizerinnen und Schweizer. Ihre Staatsbürgerschaften erklären sich durch die Migrationsgeschichte: Die zweitgrösste Gruppe bildet nach jener der Schweizer Musliminnen und Muslime die der Balkanländer, d.h. Personen mit Staatsbürgerschaft aus Bosnien, Albanien, Serbien, Mazedonien, Montenegro und Kosovo (zusammen 34,8%), die drittgrösste Gruppe ist die der Türkinnen und Türken (10,4%). Einen geringeren Anteil machen Personen aus weiteren EU- und EFTA-Staaten (4,8%), dem Nahen Osten (4,2%), Zentral- und Südasien (3,7%), dem Maghreb (3,2%) und subsaharischen Ländern (2,6%) aus.
Besondere Konstellation in der Schweiz
Das Gefüge aus Nationalitäten bzw. Herkunftsländern von Musliminnen und Muslimen in der Schweiz stellt im Vergleich zu Konstellationen in vielen anderen europäischen Ländern eine Besonderheit dar, denn ein beträchtlicher Anteil stammt aus den Balkanstaaten. Personen aus arabischsprachigen Herkunftsländern haben anteilsmässig seit dem Jahr 2000 zwar ca. um das Dreifache zugenommen, bilden mit 7,9% (6,6% in der Deutschschweiz, 13% in der Romandie, s. unten) jedoch immer noch einen geringen Anteil im Vergleich zur Gesamtzahl an Musliminnen und Muslimen in der Schweiz.
Nationalitäten Musliminnen und Muslime in der Schweiz
Unterschiede zwischen den Sprachregionen
Die Verteilung der Nationalitäten ist in der Deutschschweiz etwas anders gelagert als in der Romandie: In beiden Sprachregionen leben hauptsächlich Musliminnen und Muslime mit Schweizer oder Staatsangehörigkeit eines Balkanstaates.
In der Deutschschweiz bilden Türkinnen und Türken die drittstärkste Gruppe und stellen einen deutlich höheren Anteil (13,8%) als in der Romandie (4,7%). In letzterer hingegen konstituieren Personen aus dem Maghreb und dem Nahen Osten die dritt- und viertstärkste Gruppe. Der Anteil der Maghrebinerinnen und Maghrebiner an der muslimischen Bevölkerung der Romandie ist mit 7,8% zwar immer noch gering, jedoch viermal höher als jener in der Deutschschweiz (2,2%). Die verstärkte Konzentration von Maghrebinerinnen und Maghrebinern in der Romandie wird zumeist damit erklärt, dass sie aufgrund ihrer Beherrschung des Französischen hier leichter Fuss fassen.
Im Tessin leben wie in der Deutschschweiz und der Romandie hauptsächlich Musliminnen und Muslime mit Schweizer Nationalität oder Staatsangehörigkeit eines Balkanlandes, über die Verteilung weiterer Nationalitäten sind aufgrund der ungenauen Datenlage keine verlässlichen Aussagen möglich.
Nationalitäten Musliminnen und Muslime Deutschschweiz
Nationalitäten Musliminnen und Muslime Romandie
Quelle der Daten: Bundesamt für Statistik, Neuenburg, SE 2016-2018.